Die Bürgerinitiative Bahnhofsviertel Flensburg bittet in einem Brief an die Mitglieder des SUPA, nicht für den Bebauungsplan zu stimmen
Am Dienstag, den 02.06. soll auf der öffentlichen Sitzung des Ausschusses für Umwelt, Planung und Stadtentwicklung die Entscheidung über das Hotel- und Parkhausprojekt am Bahnhofswald fallen. Unter TOP 3. soll über den Bebauungsplan „Hauptpost“ (Nr. 303) und den dazugehörigen Satzungsbeschluss entschieden werden. Damit würden endgültig die Weichen für den Bau des umstrittenen Hotels und Parkhauses gestellt. Die Investoren könnten somit relativ kurzfristig mit dem Bau beginnen. (Die entsprechenden Beschlussvorlagen zur Sitzung gibt es hier)
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Die Bürgerinitiative Bahnhofsviertel Flensburg hat nun in einem Brief an die Ratsfraktionen die Mitglieder des SUPA gebeten, in der Sitzung am 02.06. den Beschlussvorlagen zu TOP 3 ihre Zustimmung zu verweigern. Untenstehend der Text des Briefs:
Ratsfraktion …
Flensburg, 25.05.2020
Sehr geehrte(r) …
Am 2.6.20 werden Sie im SUPA über den B-Plan 303 Hauptpost und damit über das Schicksal des Bahnhofswaldes entscheiden müssen. Sie werden sich davor durch 135 Seiten Einwendungen und Abwägungen und durch 50 Seiten erneutes Gutachten der Firma Bioconsult quälen müssen. Wir versuchen uns deshalb kurz zu fassen und nur die wichtigsten Dinge anzusprechen; aber Sie sollen erfahren, dass die schweren Einwände vieler Bürger gegen das Projekt keineswegs ausgeräumt sind, und warum.
1.) Das beginnt mit der Befürchtung eines durch das Bauprojekt ausgelösten Hangrutsches. Trotz der Aufforderung durch zahlreiche Einwendungen, VOR dem Satzungsbeschluss über den B-Plan das – anerkannt notwendige – Gutachten zur Stabilität des Hanges während und nach dem Bau von Hotel und Parkhaus mit Verlust eines Teils des Bewuchses und unter den Bedingungen des Klimawandels zu erstellen, verschiebt die Verwaltung dieses Gutachten konsequent auf die Phase des Bauantrages. Sie verweigert damit jede Betrachtung der Folgen des Klimawandels auf die Hangstabilität. Das ist in etwa so, als würde die Stadt durch einen B-Plan zur Bebauung eines hochwassergefährdeten Gebietes einladen, es aber den künftigen Bauherren zuschieben, ein Gutachten über die Hochwassergefahr zu erstellen. Würden Sie das akzeptabel finden? Wir nicht! Dass der Klimawandel mit Zunahme von Starkregenereignissen in Häufigkeit und Stärke sowie langen Trockenheits- und langen Regen-Perioden Bedeutung für die Hangstabilität hat, ist jedem offensichtlich, der die Hangrutsche an den Flensburger Hängen in den letzten Jahren beobachtet hat – alle nach Starkregenereignissen. Es ist fahrlässig, dass die Verwaltung das ignoriert.
2.) Auch nach dem ergänzenden Gutachten von Bioconsult vom April 2020 über die Lichtverschmutzung des Fledermaushabitats aus den Fenstern des Hotels bleibt die Besorgnis bestehen, dass dies zu einem Verbotstatbestand nach §44 BNSchG führt. Wortreich und mit vielen Rechnungen behauptet Bioconsult, das sei nicht so – aber erreicht die Unterschreitung des Grenzwertes für die Beleuchtung des Habitats von 0,1 lx (S. 14 des Gutachtens) nur durch einen unzulässigen Trick: Wenn Sie die Tabellen auf den Seiten 44-50 durchsehen, wird nur durch die Abschattung durch die Vegetation der Grenzwert unterschritten, die verminderte Transmission der Fenster allein reicht dafür nicht einmal in 40 m Entfernung. Für die Vegetation setzt Bioconsult aber einen Abschattungsfaktor von 85% ein, der nach Seite 13 für den Effekt des Blätterdachs der Kronen eines intakten Mischwaldes gilt. Hier kommt aber das Licht nicht durch das dichte Kronendach, sondern von der Seite, sozusagen in die offene Flanke, die noch dazu durch die Entnahme einiger Bäume Lücken aufweist. Das Bild zeigt eine vergleichbare Stelle am Klueser Wald. Sie sehen, wie weit zwischen die Stämme Sie schauen können – da gibt es kein dichtes Blätterdach, das Sie hindern würde! Ebenso wird das Licht von den Hotelfenstern in den Bahnhofswald hineinscheinen und eine „Störung“ im Sinne des §44 BNSchG erzeugen – was verboten ist.
3.) Die Erhaltung eines Waldes ist ein hohes öffentliches Interesse, seine Umwandlung ist nur erlaubt, wenn ein noch höherwertiges öffentliches Interesse nicht auf anderem Wege erreichbar ist. Deshalb ist es von besonderer Bedeutung, dass die Prüfung von Alternativen sorgfältig und vollständig erfolgt ist. Wir haben diesen Eindruck nicht, im Gegenteil, wir haben den Eindruck, dass die zahlreichen Alternativen bewusst abgewimmelt werden, um die Pläne am Bahnhofswald alternativlos aussehen zu lassen. Es ist nicht einzusehen, weshalb
a) eine Parkpalette für PKW-Fahrer zum Bahnhof nicht an der Ecke Backensmühle/Schleswiger Str. mit Zuwegung zum Bahnsteig eingerichtet werden kann. Dafür wäre eine Tunnel-Verlängerung nur eine der Möglichkeiten, einfacher noch wäre ein Aufzug und Treppe von der Brücke über die Schleswiger Str. zum Bahnsteig 1 realisierbar. Die Anbindung an den ÖPNV ist bereits vorhanden: Haltestellen „Bahnhof/Tegelbarg“ und „Bahnhof/Serpentine“. Eine für Bahnfahrer bessere Lösung als das geplante Parkhaus! Die Quartiersgarage für Pendler, die gar nicht zum Bahnhof wollen, kann an anderer Stelle sein: als Tiefgarage unter der künftigen Feuerwache, als Parkhaus auf dem Gelände des VfB Nordmark.
b) Nicht einzusehen ist, weshalb eine Tiefgarage unter der Feuerwache als Quartiersgarage nicht eingeplant werden kann. Dort ist laut Ergebnis des Architekten-Wettbewerbs ohnehin eine Tiefgarage geplant (also machbar), sie müsste nur vergrößert werden. Das Gelände ist groß genug! Auch eine mehrgeschossige Tiefgarage wäre denkbar, vielleicht sogar leichter realisierbar, weil der Abstand zum festen Untergrund kleiner wird. Dass das so in dem bisherigen preisgekrönten Entwurf des Architekten nicht vorgesehen ist, liegt nur daran, dass es nicht in der Anforderung der Verwaltung stand: Es kann nachgebessert werden. Überdies ist der vorliegende Entwurf nicht mit dem endgültigen Planungsergebnis gleichzusetzen, sonst könnte man sich jede Bürgerbeteiligung dazu sparen.
c) Nicht einzusehen ist, weshalb eine Quartiersgarage nicht auf dem riesigen Gelände des VfB Nordmark einzurichten ist, wo auch reichlich Platz für ein Bahnhofshotel wäre – wenn denn dafür überhaupt noch ein Bedarf besteht.
d) Nicht einzusehen ist, weshalb die PKW-Fahrer zum Bahnhof nicht auf der Exe parken und mit einem Shuttle-Dienst zum Bahnhof gebracht werden können – das Hauptargument der Verwaltung, dass damit noch keine Quartiersgarage erreicht ist, zieht nicht, da diese Quartiersgarage an anderer Stelle errichtet werden kann, s. o. Außerdem könnten doch auch Pendler in die Innenstadt diesen Shuttledienst nutzen! Auch eine S-Bahn Flensburg, die den Bahnhof einbezieht, würde das Parken in Bahnhofsnähe unnötig machen – die Stadt sollte sich endlich mit der NEG über die Trasse einigen!
Aus diesen Gründen ist in unseren Augen das öffentliche Interesse an der Erhaltung des Waldes weiterhin weit überwiegend, die Waldumwandlung nicht gerechtfertigt. Wenn die Corona-Krise eines unmissverständlich deutlich gemacht hat, dann ist es die Bedeutung der Erhaltung von ungestörten Lebensräumen für Wildtiere wie Fledermäuse, und dass wir ihnen keine zu enge räumliche Nähe zu Menschen aufdrängen sollten.
Wir bitten Sie, Ihre Stimme im SUPA nicht davon bestimmen zu lassen, dass doch schon so lange diskutiert wurde, sondern diesen B-Plan abzulehnen.
Mit freundlichen Grüßen
Sprecher/-in der Bürgerinitiative Bahnhofsviertel Flensburg
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