Schöne Aussichten!

Offener Brief von Frauke Himmerkus

„Nachhaltigkeit“ dieser vielbenutzte Begriff in Zeiten des Klimawandels hat in Flensburg eine ganz eigene Definition gefunden. Nachhaltig soll ein Hotelneubau samt Parkhaus sein, nur steht dem leider ein Wald im Weg. Nachhaltig ist hier lediglich Eins: Die Zerstörung dieses intakten Ökosystems. Ob Bahnhofswald, baumreiche Anlage um das Schwedenheim (Helenenallee) oder Spielplatz plus kleine Grünanlage Waitzstraße/Mühlendamm – die alten Bäume müssen weichen.

Bedrohter Baumbestand an der Valentiner Allee – Foto Frauke Himmerkus

Im Falle des Kindergartens  Schwedenheim, eingebettet in eine parkartige Anlage mit alten Japanischen Kirschen, plant der SBV in vier Jahren einen Blockbau und der Erweiterung der Feuerwache fällt der Spielplatz und die kleine Grünanlage Mühlendamm zum Opfer. Für die Bewohner des Bahnhofsviertels heißt das, Beton statt Wald oder Grünanlage.

Schaut man sich in Flensburg, unserer noch grünen Stadt um, stellt man fest, dass immer mehr Grün schwindet. Spaziert man von Fahrensodde Richtung Meierwik haben sich die Hänge in den letzten Jahren gelichtet. „Schöne Aussichten“ für die Bewohner der Villen an der Förde.  Alter Baumbestand ist verschwunden, auch wenn damit Strafen verbunden waren. Vielleicht aber auch eine Win-win -Situation: freier Blick / Stadt kassiert?

Nächstes prominente Opfer des Gestaltungswillen der Stadt wird der Christiansen-park/ Museumsberg. Laut Planung werden  ca. vierzig alte Bäume ihren Platz verlieren. Geld steht bereit und egal ob sinnig oder nicht, die Stadt will es ausgeben, sie will gestalten.

Wer ein Beispiel für die Gestaltung öffentlichen Raumes braucht, der schaue sich bitte die Serpentine am Bahnhof an. Nackter verzinkter Stahl flankiert nun den An bzw. -abstieg. In der langen Doppelkurve zieht sich das Geländer den Hang hinauf, wie ein deplatziertes Abflussrohrsystem.  Nicht einmal eine Treppe hat man eingebaut, um den Menschen, die den kurzen Weg bevorzugen, Rechnung zu tragen. Es bleibt weiterhin eine Rutschpartie!

Gestaltung bedeutet Herzblut und Ästhetik, hat mit Sinn für die Umwelt zu tun und geht mit der Schaffung einer lebenswerten Umgebung einher.  Gehen unsere Politiker verantwortlich mit der Gestaltung unserer Stadt um? Erkennen sie die Zeichen der Zeit?

Für Flensburg scheint es keinen Klimawandel zu geben, kein Umdenken zum Erhalt von wertvollen Naturressourcen!  Corona hat nichts bewegt! All die Aufrufe und Durchhalteparolen der Politiker haben nicht zu Verantwortungsbewusstsein ihrerseits geführt .

Leider haben wir eine Oberbürgermeisterin, die zwar bei Markus Lanz öffentlich für Transparenz und  Nachhaltigkeit eintritt, aber in ihrer Stadt diese Forderungen von Seiten der Bürger nicht erfüllt. Da wurde persönlich Einfluss genommen auf die Entscheidung der Unteren Forstbehörde und somit eine direkte Lösung zur Umwandlung des Bahnhofswalds möglich gemacht. Damit ist der Weg frei für das Intercityhotel plus Parkhaus. In der Planung sind in unserem Stadtteil allerdings nebenbei das Hilton am Rathaus, der Umbau mit Erweiterung des Centralhotels und gegenüber der Serpentine ein Hotel Garni. Man staune!  Brandaktuell ging heute durch die Nachrichten, dass das Parkhaus von Karstadt nicht ausgelastet war und dies mit ein Grund zur Standortschließung der Hauses sei. Brauchen wir am Bahnhof ein weiteres Parkhaus dieser Art? Wann wacht die Politik auf aus ihrem Siebzigerjahreklotzbaudornröschenschlaf und findet einen Weg gemeinsam mit seinen Bürgern und im Einklang mit der Natur?

Das wären wirklich „Schöne Aussichten“!

Frauke Himmerkus

„Was wir heute tun, entscheidet darüber, wie die Welt morgen aussieht“

Ein Beitrag von Sabine Scholl

Weise Worte, gesprochen beim Stadtentwicklungs- und Planungsausschuss(SUPA) am vergangenen Dienstag, im Zusammenhang  mit dem neuen Quartier am Hafen Ost.

Für das Bahnhofsviertel scheint das aber nicht zu gelten. Die Stadt Flensburg weigert sich, den Klimawandel mit seinen Auswirkungen bei der Planung eines Hotels und eines Parkhauses neben der Hauptpost einzubeziehen. Aber das wäre nicht die einzige Schwachstelle, die von verschiedenen Ratsmitgliedern vorgetragen wurde. Noch immer steht das Risiko im Raum, dass der Hang den massiven Veränderungen im Erdreich nicht standhalten könnte. Unbeantwortet blieb auch die Frage nach der Haftung in einem solchen Fall, denn Leidtragende wären die Anwohner. Das Grundstück ist einfach zu klein für ein derartiges Vorhaben. Außerdem wurde kritisiert, dass eine Verkehrsverdichtung in diesem Teil der Stadt nicht erwünscht sein könne, es aber dazu kommen wird. Schließlich gab es noch Zweifel daran, ob das Artenschutzgesetz eingehalten werden kann, denn die Lichtemissionen des Hotels lassen sich bei laufendem Betrieb kaum minimieren. Ein Punkt wurde gar nicht genannt, nämlich, dass sich das Hotel pandemiebedingt eventuell wirtschaftlich gar nicht halten lässt, oder damit gerade für die kleinen individuellen Unterkünfte, die in Flensburg wieder auf die Beine kommen müssen, eine gefährliche Konkurrenz darstellen wird.

Aber es war deutlich zu merken: Das Thema sollte keine Zeit mehr beanspruchen. Die vielen Einwendungen gegen das Bauvorhaben wurden auf 135 Seiten wortreich, aber inhaltsleer beantwortet. Ein Ratsherr brachte es auf den Punkt: Es ist nicht abgewogen, sondern abgewimmelt worden.

So waren auch die bisherigen Erfahrungen der Menschen und Umweltgruppen, die sich um einen Gesprächstermin mit der Stadtverwaltung und mit der Oberbürgermeisterin bemühten. Die Anfragen blieben alle unbeantwortet, jeder Dialog verweigert.

Weshalb, kann man sich da fragen, muss dieses Vorhaben um jeden Preis durchgeführt werden? Vielleicht liegt die Antwort in der Vergangenheit. Der Investor wollte das Postgebäude nämlich ursprünglich erst abreißen und auf dieser Fläche ein Hotel bauen. Als der Mietvertrag mit der Post dann doch verlängert wurde, entstand plötzlich der Plan, auf dem Grundstück ein mehrstöckiges Parkhaus UND ein Hotel zu bauen. Lukrativ ist das für den Investor auf jeden Fall und die Stadt will dringend ein Parkhaus dort haben. Nur – da gibt es dummerweise den Wald! Dort konnte nicht einfach gebaut werden. Hatte man das im Plan etwa übersehen? Weshalb muss trotzdem an dem Vorhaben festgehalten werden?

Diese Fragen bewegen die Bürger, die nicht hinnehmen wollen, dass hier völlig unnötig Natur zerstört wird. Ganz sicher werden Vorhaben der Stadt Flensburg in Zukunft noch viel mehr hinterfragt, es sei denn, die Zeichen des Klimawandels werden endlich erkannt, Stadtplaner und Verwaltung denken konsequent um und nehmen Natur – und Artenschutz in unserer Stadt endlich ernst!

Vision statt Baukasten

Pro Erhalt Bahnhofswald

Leserbrief von Frauke Himmerkus, Flensburg

Stellen wir uns vor, wir hätten Zeit! Zeit zurückzuschauen zur Ursprungsidee: Neugestaltung des Postgebäudes am Bahnhof. Bürger, Planungsausschuss und Stadtrat würden gemeinsam neu denken. An erster Stelle stünde der Erhalt des Schutzstatus für unseren Bahnhofswald mit seinem einzigartigem Ökosystem.
Stellt euch vor, unsere vier artengeschützten Fledermausarten dürften hier weiterhin ungestört ihren Nachwuchs großziehen. Stellen wir uns vor, wir hätten Zeit und könnten abwarten, bis der Mietvertrag mit der Hauptpost abgelaufen ist. Die Post würde auf dem Nordmarksportplatz ihre neue Heimat finden und das alte Gebäude würde verwandelt: im Hundertwasserstil. Hundertwasser ein Künstler und Architekt dessen Ideen im Einvernehmen mit der natürlichen Umgebung des Menschen stehen. Im Jahre 2000 gestorben … lebendig in seiner ausdrucksstarken Hinterlassenschaft. In der Debatte um klimagerechtes Bauen und im stetigen Kampf mit „Der Tyrannei der Architektur“ so aktuell wie nie! Farb- und Formenvielfalt stehen im Vordergrund, kein grauer Beton, Stahl oder Glas.
Stellen wir uns also vor, wir hätten ein Hotel am Bahnhof (ähnlich der Darmstädter Waldspirale), in einem fliesendem Verlauf angelegt, auf versiegelter Fläche, mit einem Parkhaus auf unterster Ebene, mit über die Geschosse verlaufendem begrüntem Dach und Zwiebeltürmen. Dies stände im Einklang mit unserem Wald und den dort stehenden 140 Jahre alten Flensburgern.
Stellt euch vor, man könnte die Grünen wieder wählen, weil wir wüssten sie blieben ihren Grundsätzen treu … und GRÜN.
Stellen wir uns vor, wir hätten es nicht mit dem vielfach heraufbeschworenen „Angstraum“ am Bahnhof zu tun, sondern mit einem Grundstück, welches von seinen Eigentümern (Investoren) liebevoll gepflegt würde – ohne Müllablagerungen – mit parkähnlicher Anlage, Blumen und blühenden Sträuchern.

Man stelle sich vor, liebe Investoren, nachdem nun 25 Jahre dieses Grundstück in Ihrem Besitz ist – Sie könnten noch warte, bis die Jahre des Mietvertrages mit der Post abgelaufen sind. Und dann könnten Sie mit den Flensburger Bürgern gemeinsam NEU denken. Sie könnten den Flensburgern ihren Wald und die damit verbundene Frischluftschneise erhalten, uns die Systemkastenbauweise eines überdimensionierten InterCityhotels samt Parkhaus ersparen und die Zerstörung des Ökosystems Bahnhofswald verhindern.

Stellen Sie sich vor, SIE hätten diese Vision!
Mit freundlichem Gruß Frauke Himmerkus