Jetzt ist es raus!

So langsam fügen sich die Puzzle-Teile zusammen. Die Vorgänge rund um die Räumung und Rodung des Bahnhofswaldes erschienen zunächst kaum zu durchschauen. Nun aber treten die Hintergründe der Ereignisse mehr und mehr ans Licht.

Jetzt hat die Stadt zugegeben, dass sie eine Ausnahmegenehmigung zur Fällung der Bäume über 50 cm Stammdurchmesser erteilt hatte – das war vor 8 Monaten noch im B-Plan verboten worden als Konsequenz des Tötungsverbots nach § 44 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG). Die Oberbürgermeisterin hatte noch auf der Ratsversammlung am 18. Februar die gezielte Einwohner-Frage nach so einer Genehmigung nicht klar beantwortet. Zu diesem Zeitpunkt aber muss die Genehmigung schon erteilt gewesen sein. Nicht der einzige Fall, wo die Aussagen der Oberbürgermeisterin getäuscht haben. Die Folge war, dass mit großer Wahrscheinlichkeit streng geschützte Fledermäuse durch Fällung ihrer Bäume und unmittelbar anschließendes Schreddern getötet wurden! Professionelle Fällbegleitung, die das Überleben der Tiere hätte gewährleisten können, blieb aus. Nicht das einzige bewusste Verbrechen im Verlauf dieser Ereignisse …

Wenn aber die Stadt eine solche Ausnahme-Genehmigung erteilt hatte, bis zum 28. Februar zu fällen, dann war doch offensichtlich geplant, im Februar zu räumen und zu roden – anderes hätte keinen Sinn gehabt.
Und dass die Oberbürgermeisterin noch am 19. Februar öffentlich sagte, eine Räumung sei „unverantwortlich“ wegen der Pandemie-Situation, war das dann nur leeres Gerede und Augenwischerei? War also ihr am Abend des 19. Februar in aller Öffentlichkeit gegebenes Versprechen, in den nächsten Tagen werde es keine Räumung oder Rodung geben, schon zu diesem Zeitpunkt gelogen? Man kann ja auch nicht ohne einige Tage Vorlauf 500 Polizisten aus drei Ländern heranschaffen und für drei Tage in Hotels unterbringen, die erst aus dem Lockdown geholt werden mussten. Schon das beweist die längere Planung der Räumung für dieses Wochenende.

Und dann kam heraus, dass die nächtliche Ausgangssperre in Flensburg ab dem 20. Februar „ein ausdrücklicher Wunsch der Stadt Flensburg“ war. Für die Pandemie-Bekämpfung war das unsinnig – zwischen 21 Uhr und 5 Uhr war sowieso niemand auf der Straße, alle Restaurants, Bars, Kinos, Events waren zu! Die Ausgangssperre wurde denn auch schon am 25. Februar nicht mehr als erforderlich angesehen und ihre Aufhebung angekündigt – obwohl tags zuvor 32 Neuinfektionen erkannt worden waren, deutlich mehr als die 8 – 23 in den Tagen vor dem Verkünden der Ausgangssperre!

Frage: Was war dann der Grund für diese bis dahin in Schleswig-Holstein für nutzlos erachtete Maßnahme? Nur das: Sie bildete die absurde Begründung für die Räumung der Baumhäuser! Das machte zwar keinen Sinn als Corona-Schutzmaßnahme, denn die Baumbesetzer*innen konnten nachts in ihren Baumhäusern bestimmt nicht so viele Leute anstecken wie die Menschenansammlungen auf beiden Seiten des Bauzaunes, die durch die Räumung und Rodung vier Tage lang provoziert wurden. Aber die Ausgangssperre war die offizielle Begründung für die Durchführung der Räumung zu exakt diesem nach Maßgabe der herrschenden Infektionszahlen denkbar ungeeigneten Zeitpunkt. Und sie war offensichtlich schon am 17.Februar geplant, dem Zeitpunkt der Verkündung der Ausgangssperre. Man kommt kaum daran vorbei, dass die Oberbürgermeisterin die ganze Stadt eine Woche lang mit ihrer Ausgangssperre in Geiselhaft genommen hat, nur um einen einen absurden Vorwand für die Räumung zu konstruieren, die sie selbst nach Lage der Dinge für „unverantwortlich“ erklärt hatte und weiter so bezeichnete!!

Aber wenn die Räumung seit dem 17. Februar geplant war, warum mussten dann die Investoren mit ihrer Privatarmee von „FlensEvent“ am 19. Februar anrücken? Das kann man sich zu Recht fragen! Vor dem Rechtsausschuss des Landtages wurde deutlich, dass in den 10 Tagen vor den Ereignissen enger Kontakt zwischen der Stadt und den Anwälten der Investoren bestand. Für den 19. Februar war ein Treffen zwischen der Oberbürgermeisterin und den Investoren geplant, auf dem das Vorgehen besprochen werden sollte. Sind die Investoren bewusst vorgeschickt worden, um der Oberbürgermeisterin ein Alibi zu verschaffen? Oder sind sie ihr zuvorgekommen, weil sie nicht genug eingeweiht waren und die Nerven verloren haben?

Andererseits: Ein solches Auftreten eines privaten Sicherheitsdienstes in der Öffentlichkeit muss dem Ordnungsamt 14 Tage zuvor angezeigt werden – schwer vorstellbar, dass die Oberbürgermeisterin nichts davon erfahren haben sollte!! Also abgekartetes Spiel? Oder haben die Investoren auch diese Verpflichtung zur Einhaltung der Anmeldefrist missachtet? So wie sie das Tötungsverbot des BNatSchG, das Gewaltmonopol der Polizei, die Lebensgefahr für die Baumbesetzer*innen beim Ansägen der besetzten Bäume, die Lebensgefahr für Menschen auf der Bahnhofstraße, wenn angesägte Bäume auf sie fallen sollten, das Verbot der Freiheitsberaubung, das Verbot der Belichtung des Hang-Habitats und die Gefahren für die Pandemie-Situation in Flensburg allesamt missachtet haben?

Dr. med. Helmreich Eberlein, Günter Strempel und Christiane Schmitz-Strempel

Ein Brief an die Untere Naturschutzbehörde

Von Dr. med. Helmreich Eberlein

Flensburg, 20.2.2021
Sehr geehrter Herr Neuendorf,

ich wende mich an Sie als die Person, die in der Stadtverwaltung für den Artenschutz zuständig ist. Sie haben natürlich mitbekommen, was für eine illegale Aktion die Investoren am Bahnhofswald gestern gemacht haben. Diese hat viele Aspekte, von der Missachtung des Gewaltmonopols über die Gefährdung von Leib und Leben zahlreicher Menschen u.v.m. Unter dem Aspekt des Artenschutzes sind aber zwei Themen beunruhigend:

Die Bahnhofstraße am 20.2.2021, fast alle Bäume an der Straße sind gefällt.

Bei der Aktion wurden in einem langen Abschnitt entlang der Bahnhofstraße sämtliche Bäume gefällt bzw. so stark angesägt, dass sie anschließend gefällt werden mussten. Darunter waren auch die Bäume (Ziffern laut Baumkataster) 117,112, 111, 101, die laut Baumkataster mehr als 50 cm Stammdurchmesser in 1m Höhe hatten und deshalb laut B-Plan 303 Hauptpost seit 1. Februar nicht hätten gefällt werden dürfen, um Verstöße gegen §44 BNSchG (Tötungsverbot geschützter Arten, hier Fledermäuse) zu vermeiden. Ich hatte selbst am Morgen die Arbeiter auf diese Rechtslage per Megaphon hingewiesen, darüber hinaus trugen diese Bäume Schilder mit einem Warnhinweis: „Fällung vor Dezember illegal!“. Es geschah also keinesfalls in Unkenntnis.

Die drei eingefügten Bilder belegen den Verstoß; sie zeigen die heutige Situation.

Ich möchte Sie fragen: Wird dieser Verstoß sanktioniert werden, und wie?

Vermutlich wurden diese Bäume zunächst nur „geringelt“ und dann im Laufe des Nachmittags gefällt. Hat es dabei eine Fällbegleitung durch eine*n Fledermaus-Experten*in gegeben? Und sind die Bäume auf vorhandene Fledermäuse abgesucht worden? Falls nein, ist das auch ein Verstoß durch die Institutionen und Personen, die an der endgültigen Fällung beteiligt waren. Wird das sanktioniert werden?

Dass die Bäume in der kurzen Zeit, die die Investoren hatten, bis die Polizei einschritt und die Fällungen unterband, zur größten Teil nicht gefällt, sondern geringelt wurden, zeugt einmal vom Unrechtsbewusstsein: man war sich im Klaren darüber, dass die Aktion ganz schnell gestoppt werden würde, und wollte inzwischen möglichst viel Schaden anrichten, um vollendete Tatsachen zu schaffen. Dies belegt auch eine hohe kriminelle Energie.

Darüber hinaus ist die Quelle bei der Aktion gestern zertrampelt und erst verspätet geschützt worden, siehe das nächste Bild. Sie hat es zum Glück überlebt, aber dies zeigt noch einmal, dass der Schutz der Biotope in den Händen dieser Investoren nicht gut aufgehoben ist.

Meiner Meinung nach müsste den Investoren, die sich gestern mit ihrer Aktion als derart wenig vertrauenswürdig herausgestellt haben, die Baugenehmigung entzogen werden. Die Stadt Neumünster, wo ein vergleichbares Verhalten eines Investors kürzlich stattfand (allerdings ohne eine Gefährdung von Menschenleben!), hat laut Presseberichten erklärt, sie erwäge, wegen des Vertrauensverlustes keine Baugenehmigung zu erteilen. Ein solches Verhalten darf nicht Erfolg haben und sich nicht rechnen. Die Vielzahl der illegalen Waldrodungen in den letzten Monaten an ganz vielen Orten (auch in Flensburg am Wasserturm und bei der FFG!) zeigt, dass dahinter Methode steckt und ein effektiver Riegel vorgeschoben werden muss.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. med. Helmreich Eberlein

Ohne Worte!
Vollendete Tatsachen.

Illegale Selbstjustiz am Bahnhofswald

Presseerklärung der BI Bahnhofsviertel Flensburg
19.02.2021

Leben wir hier in Deutschland? Oder im Brasilien Bolsonaros? Heute kann man ins Zweifeln kommen: Die Investoren am Bahnhofswald versuchten mithilfe einer Privatarmee ihre privaten Interessen mit Gewalt durchzusetzen! Vorbei an der Polizei und an der Verwaltung der Stadt Flensburg.

Polizei zwischen Sicherheitsdienst und Demonstrierenden. Früh am Morgen wurden Tatsachen geschaffen.

Sie nahmen dabei in Kauf, was die verantwortlichen Politiker:innen unbedingt vermeiden wollten: Einen Super-Spreading–Event im Corona-Hotspot Flensburg, dem schlimmsten Verbreitungsort der hochansteckenden britischen Corona-Variante in ganz Deutschland. Und erwartungsgemäß passierte genau das! Binnen kürzester Zeit formierte sich eine riesige Menschenansammlung: Der etwa hundertköpfige Sicherheitsdienst, Baumfäller:innen, dann die Polizisten:innen und eine stetig wachsende Zahl von Demonstranten:innen und Aktivist:innen. Größtenteils gab es wenig oder keine Sicherheits-Abstände!

Gut, dass wenigstens die Stadt und die Polizei schließlich eingriffen durch die Verfügung eines sofortigen Baustopps. Aber da waren bereits etliche Bäume gefällt, zahlreiche Bäume durch Ansägen im ganzen Umfang ermordet und instabil gemacht. Darunter sind mehrere Bäume, auf denen Baumhäuser sind mit Menschen darin.

Mit dieser Wahnsinnstat haben die Investoren eindeutig demonstriert, dass ihnen Menschenleben genauso schnuppe sind wie Bäume, und dass ihnen ihre finanziellen Interessen wichtiger sind als der Respekt vor dem Rechtsstaat, der ja Selbstjustiz verbietet; sie ist strafbar! Von der geplanten Vernichtung des wertvollen Biotops ganz zu schweigen.
Als Kollateralschaden ist von den „Sicherheitskräften“ die gesetzlich geschützte Quelle zertrampelt worden – auch das ist strafbar!

Dabei war das ganze Vorgehen völlig umsonst, denn ein Baubeginn wäre sowieso bereits jetzt illegal gewesen: auch im Februar dürfen zumindest die großen Bäume, auf denen Fledermäuse sitzen könnten, nicht gefällt werden. Die verhindern jetzt schon jede Bautätigkeit.

Christiane Schmitz-Strempel/Günter Strempel (Sprecherin und Sprecher der BI Bahnhofsviertel Flensburg)

Viele der Mittelgroßen Bäume wurden unten so angesägt, dass sie unweigerlich sterben und Umsturzgefährdet sind.
Dis Situation am Morgen. Auch hier Polizei zwischen Sicherheitsdienst und Demonstrierenden.
Im Auftrag der Investoren niedergerissenes Baumhaus. Fahrlässig und gefährlich.

Flensburger Bahnhofswald: Was nicht passt, wird passend gemacht

Wie sich Simone Lange trotz anderslautender Einschätzung der Fachbehörde für die Zerstörung des Bahnhofswaldes einsetzte

Was nicht passt, wird passend gemacht

Ein Beitrag von subtilus.info vom 16.02.2021

Seit längerer Zeit wird um den Flensburger Bahnhofswald gestritten, seit viereinhalb Monaten ist er besetzt. Jetzt liefert eine Anfrage nach Verbraucherinformationsgesetz und Informationszugangsgesetz Schleswig-Holstein zu Tage, wie Oberbürgermeisterin Lange Einfluss nahm. Während die Einschätzung der unteren Forstbehörde zunächst fachlich gut begründet gegen den Parkhausbau ausfiel, änderte sich dies, nachdem Frau Lange persönlich das Ministerium in Kiel einschaltete.

Die Chronologie des Hin- und Hers zwischen den verschiedenen Behörden zeigt deutlich, wie das „gewichtige öffentliche Interesse“ am Erhalt des Waldes zugunsten von PKW-Stellplätzen letztendlich komplett übergangen wird. Die untere Forstbehörde bestätigt außerdem, dass der Lebensraum Wald nach der Umwandlung des Waldes komplett verloren gehen muss, denn die Fläche soll parkartig gestaltet werden, das Gehölz entfernt werden. Soviel zu all den Lügen, es würden nur ein paar einzelne Bäume gefällt und der Einfluss auf Flora und Fauna sei gering.

Wenn Frau Lange behauptet, der Rechtsstaat würde die Interessen aller schützen, zeigt eben dieses Übergehen der zuständigen fachlichen Stellungnahmen, dass es für bestimmte Menschen eben doch einfach ist, Abläufe und Regelungen zu umgehen. Weil das eben alltägliche Praxis ist, ist die Besetzung notwendig um dem etwas entgegen zu setzen. Denn auf uns hört leider kein Ministerium.

Die Chronologie:

Frau Thiele von der unteren Forstbehörde in Flensburg schreibt im Januar 2018, ein „baulicher Eingriff in die Waldfläche selbst“ sei “aufgrund der Lage am Steilhang und des teilweise besonderen Baumbestandes aus alten Linden kritisch zu sehen“.

Die Stadt bittet sodann in einem Schreiben, welches als Ziel den Erhalt eines „Grünriegels“ formuliert um In-Aussicht-Stellung einer Waldumwandlung, weil die „Versorgung mit Stellplätzen für Pkw von hoher Bedeutung“ sei.

In der von Lange und Dr. Schroeders unterzeichneten Ausschuss-Beschlussvorlage vom Juli 2017 wird (als „Globalziel“) benannt, es gehe darum, dass Flensburg „führender Wirtschaftsstandort in der Region“ bleibe. Außerdem würde das Bauprojekt der „Balance zwischen Wohnen, Arbeiten und Erholen“ dienen.

Am 4. Juni 2018 folgt ein Schreiben der Stadt an Frau Thiele, in dem betont wird, warum es sich um ein „Schlüsselprojekt“ handle und ein (für Waldzerstörung notwendiges) „öffentliches Interesse“ am Parkhaus bestehe.

Frau Thiele antwortet daraufhin am 20.6.2018 sehr deutlich: „Vorrangig sollte die Lösung des Konfliktes daher in einer, in ihren Grundzügen veränderten Planung bestehen“. Weiter schreibt sie, die Erhaltung von Waldflächen stelle „grundsätzlich ein gewichtiges öffentliches Interesse dar. So auch im vorliegenden Fall.“ Sie schreibt weiter über den Artenreichtum der Waldfläche, die Habitatqualität des älteren Baumbestandes, Quartiere für Vögel und streng geschützte Fledermäuse. Außerdem sei die Fläche „ein Leit- und Strukturelement des innerstädtischen Biotopverbundsystems“. Weiterhin sei davon auszugehen, „dass der Baumbestand zur Hangsicherung beiträgt, sich positiv auf das lokale Kleinklima auswirkt und landschaftbildprägend ist“.

Wie sie bereits selbst ausführten, handelt es sich um eine der wenigen Restwaldflächen im innerstädtischen Bereich. Entgegen ihrer Annahme führt dies jedoch nicht zu einer geringeren Wertigkeit. Im Übrigen kann Ihrer Argumentation, der wesentliche Baumbestand könne erhalten werden, nicht gefolgt werden.“ Sie führt außerdem aus, bei Ersatzaufforstung sei „ein funktionaler Ausgleich und Ersatz der Waldfläche nicht möglich“. Im Ergebnis komm „dem Erhalt der Waldfläche aufgrund ihrer Lage innerhalb des waldarmen urbanen Raumes eine besondere Bedeutung zu“. Sie führt aus, ein besonderes öffentliches Interesse an einer Waldumwandlung müsse über das wirtschaftliche Interesse hinausgehen.

Unter Zugrundelegung der mir vorliegenden Informationen ist daher das öffentliche Interesse an der Walderhaltung höher zu bewerten als die Realisierung der Parkpalette“ schreibt Frau Thiele. Zudem fehle es an einer nachvollziehbaren Alternativenprüfung, weshalb sie „in Absprache mit dem übergeordneten Bereich“ keine Waldumwandlung in Aussicht stellen könne.

Am 27. Juli 2018 wendet sich sodann Frau Lange persönlich mit einem Schreiben an das Kieler Umweltministerium. Sie schreibt, sie sei „der Ansicht, dass das öffentliche Interesse in der Angelegenheit noch nicht deutlich genug dargelegt worden“ sei und sie wolle mit dem Schreiben die „Möglichkeiten nutzen, die gesamtstädtische Bedeutung für die Öffentlichkeit zu erläutern“. Sie schließt mit den Worten, es sei „für die weitere innerstädtische Entwicklung dringend erforderlich, dass die Genehmigung zum Bau“ gestattet werden könne.

Das Umweltministerium regt sodann an, das Schreiben bzw die darin angeführten Argumente für das Parkhaus nochmals an die untere Forstbehörde zu senden. Die würde dann eine „Neubewertung des Vorhabens“ vornehmen.

Im September 2018 schickt die Stadt also ein erneutes Begründungsschreiben an Frau Thiele.

Ebenfalls im September 2018 meldet sich die untere Naturschutzbehörde Flensburgs zu Wort und betont, sie habe „wiederholt darauf hingewiesen, dass aus naturschutzfachlicher Sicht erhebliche Bedenken gegen das Projekt (Hotel plus Parkhaus)“ bestünden. Sie schreiben von Grünflächenverlust, Entwertung des Grünzuges, fast vollständigem Verlust des Baumbestandes, massive Beeinträchtigung des Landschaftsbildes und Beeinträchtigung eines Lebensraums für Pflanzen und Tiere.

Auch die Naturschutzbehörde Flensburgs, Dezernat Biodiversität, wird eingeschaltet und bestätigt im August 2018, dass es sich beim bewaldeten Hang um ein gesetzlich geschütztes Biotop handelt.

Im Oktober 2018 gibt Frau Thiele ihre bisherige Haltung auf und schreibt an die untere Naturschutzbehörde, aus forstrechtlicher Sicht sei eine Waldumwandlung genehmigungsfähig, da die Stadt ein öffentliches Interesse an der Realisierung geltend mache. Sie fragt jedoch explizit, ob aus naturschutzrechtlicher Sicht die Biotope „tatsächlich“ unbeeinträchtigt bleiben würden nach den Eingriffen. Am 19.12. antwortet dann (anders als zuvor) der Fachbereichsleiter der unteren Naturschutzbehörde, es bestünden keinerlei Bedenken.

Frau Thiele schreibt sodann im Januar 2019 an die Stadt, die Erhaltung von Waldflächen stelle grundsätzlich ein gewichtiges öffentliches Interesse dar. Zudem verweist sie auf ihre früheren Ausführungen. Dennoch kommt sie zu dem Schluss, das öffentliche Interesse am Vorhaben überwiege das am Walderhalt.

Sehr deutlich benennt Frau Thiele auch, was eine Waldumwandlung bedeutet:

Die Waldfläche soll nach der Umwandlung in die Nutzungsart Grünfläche überführt werden. Da nach einer Waldumwandlung auch faktisch keine Waldeigenschaften mehr vorhanden sein dürfen, bedeutet dies, dass Eingriffe erforderlich sind, die eine Beseitigung des flächenhaften Gehölzbewuchses zum Ziel haben. Lediglich einzelne Bäume (keine flächige Überschirmung) dürfen belassen werden. (…) Das Gros der umgewandelten Waldfläche ist jedoch dauerhaft parkartig zu gestalten und zu pflegen um einer erneuten Waldbildung entgegen zu wirken. Die zum Verbleib vorgesehenen Einzelbäume sollten hinsichtlich ihrer Verkehrssicherheit sorgfältig überprüft werden.

Weitere Dokumente aus der Anfrage: https://fragdenstaat.de/anfrage/waldumwandlung-bahnhofswald-flensburg

Die Unterlagen der Forstbehörde: https://subtilus.info/Dokumente/waldumwandlung_forstbeh%c3%b6rde.pdf

Bahnhofswald am 18.02. Thema in der Flensburger Ratsversammlung und Einwohnerfragestunde

Der Flensburger Bahnhofswald aus der Vogelperspektive: Das wertvolle innerstädtische Naturhabitat soll dem Neubau eines Hotels und Parkhauses zum Opfer fallen. Die WiF-Fraktion will zur Rettung des Bahnhofswalds einen Antrag in der Ratsversammlung am 18.2. zur Abstimmung stellen. Sie möchte, dass den Hotelinvestoren J. Duschkewitz und R. Hansen eine alternative Grundstücksfläche im Bahnhofsviertel als Tauschgrundstück angeboten wird.   – Foto: Bernd Schüttt

Bahnhofswald: WiF mit Antrag auf Grundstückstausch

Fragen von Dr. Helmreich Eberlein zum Bahnhofswald in der Einwohnerfragestunde

Am 18.02. wird in der Flensburger Ratsversammlung auch das Thema Bahnhofswald auf der Tagesordnung stehen. So will die WiF-Ratsfraktion einen Antrag „Konfliktsituation am Bahnhofswald, Grundstückstausch als Kompromiss zur Deeskalation“ zur Abstimmung stellen (den Text des Antrages findet man hier)
Gleichzeitig hat Dr. Helmreich Eberlein, Mitglied der BI Bahnhofsviertel Flensburg brisante Fragen für die Einwohnerfragestunde der Ratsversammlung formuliert, die wir untenstehend dokumentieren.

Fragen an die Ratsversammlung 18.2.2021

Die Oberbürgermeisterin hat in ihrer Antwort auf meine Fragen auf der letzten Ratsversammlung betont, der Rechtsstaat schütze auch die Interessen der Gegner des Hotelprojekts am Bahnhofswald. Es wäre sehr schön, wenn wir das glauben könnten.

Das Interesse der Gegner des Projektes ist in erster Linie die Erhaltung der Lebensgrundlagen von uns allen in der gegenwärtigen dramatischen Krise des Klimawandels, des Artenschwunds und der Entwaldung.

Deshalb meine Fragen:

  1. Wird die Stadt sicher stellen, dass die gesetzlichen Schutzfristen für die Fledermäuse und Vögel eingehalten werden und keine Ausnahmeerlaubnis erteilt wird zum Fällen von Bäumen nach dem 1. März, in Bezug auf die Habitat-geeigneten Bäume mit mehr als 50 cm Stammdurchmesser schon ab dem 1. Februar, so wie es im Bebauungsplan 303 Hauptpost festgelegt ist, den diese Ratsversammlung erst vor 8 Monaten beschlossen hat? Dabei ist zu beachten, dass es nach Auskunft von Fledermaus-Experten auch für geschulte Biologen nicht möglich ist, die Anwesenheit von Fledermäusen auf einem Baum sicher auszuschließen und damit das Tötungsverbot des §44 BNSchG beim Fällen einzuhalten.
  2. Wenn der Rechtsstaat auch die Projekt-Gegner schützt, wieso tritt die Verwaltung dann deren Informationsrechte mit Füßen und verweigert den Mitgliedern der Bürgerinitiative Bahnhofsviertel und ihrem Anwalt seit Dezember den Einblick in den städtebaulichen Vertrag mit den Investoren sowie seit Wochen auch den Einblick in die Baugenehmigung des Bahnhofshotels, obwohl nach dem Informationszugangsgesetz ein Rechtsanspruch auf Offenlegung innerhalb 4 Wochen besteht und die Oberbürgermeisterin öffentlich immer beteuert, dass im Rathaus totale Transparenz herrsche?
  3. Die Baugenehmigung für das Bahnhofshotel beruht auf einer heimlich erteilten Sondererlaubnis der Unteren Forstbehörde, beim Bau des Bahnhofshotels den gesetzlichen Abstand von 30 m zum Wald zu unterschreiten, ohne dass zuvor der Widerspruch des BUND gegen die Waldumwandlung abschließend beschieden worden wäre. Damit stellt diese Sondererlaubnis einen Eingriff in ein laufendes Verfahren dar. Sie ist rechtswidrig. Und damit ist auch die Baugenehmigung rechtswidrig. Um den Rechtsstaat wieder herzustellen, müsste die Stadt die Baugenehmigung widerrufen. Wird die Stadt das tun?
  4. Nach den Aussagen der Verwaltung im SUPA und vor der Ratsversammlung besteht im Städtebaulichen Vertrag mit den Investoren am Bahnhofswald eine Verpflichtung der Investoren, bei Baugenehmigung für das Hotel auch das Parkhaus zu bauen. Das Parkhaus allerdings kann derzeit wegen der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs des BUND nicht gebaut werden, es ist völlig offen, ob nicht dieser Widerspruch oder eine evtl. nachfolgende Klage dazu führt, dass das Parkhaus gar nicht gebaut werden kann. Wird dadurch nicht auch die Baugenehmigung für das Hotel rechtswidrig, die ja durch den genannten Vertrag mit dem Parkhaus verpflichtend verknüpft ist?

Dr. med. Helmreich Eberlein

Ahornweg 20

24941 Flensburg

Siehe dazu auch: Öffentliche (digitale) Sitzung der Flensburger Ratsversammlung am 18.02.2021 unter: https://akopol.wordpress.com/2021/02/10/oeffentliche-digitale-sitzung-der-flensburger-ratsversammlung-am-18-02-2021/

Pro Bahnhofswald: Übergabe von Unterschriften an den Stadtpräsidenten

Auf einem Tisch vor dem Eingang zum Rathaus liegen zwei dicke Bände mit insgesamt 2.000 Unterschriften. Stadtpräsident Hannes Fuhrig kommt nach draußen, um die Unterschriften wie verabredet entgegenzunehmen.

Neben der Stadtpresse (shz) sind auch zehn Mitglieder der Bürgerinitiative Bahnhofsviertel erschienen, um der Übergabe beizuwohnen. BI-Sprecher Günter Strempel beschreibt, wie die Unterschriftensammlung an der von der BI abgehaltenen Mahnwache vonstatten ging. Oft auch bei Flensburger Schmuddelwetter mit Regen und Wind habe man die Passant:innen angesprochen, sei mit ihnen ins Gespräch gekommen, und dann hätten viele teils mit klammen Fingern ihre Unterschrift geleistet. Die Menschen wollten damit ihrer Ablehnung des Bauvorhabens Ausdruck verleihen und für ein Fortbestehen des Waldes votieren. Über 2.000 Unterschriften allein von den in der Bahnhofstraße vorbeikommenden Menschen sei eine erhebliche Unterstützung, die stellvertretend stehe für noch sehr viel mehr Menschen in ganz Flensburg, die man bisher noch nicht erreicht habe. Aber die Unterschriftensammlung werde täglich fortgesetzt, und ein dritter Band mit Unterschriften werde nicht mehr lange auf sich warten lassen. 

Stadtpräsident Fuhrig antwortete, es sei ja hinlänglich bekannt, dass er mit seinem Standpunkt zahlreichen Forderungen der BI widerspreche; dennoch sähe er sich veranlasst, das zivilgesellschaftliche Engagement der BI zu würdigen. 

Bevor er sich dann mitsamt den Unterschriftensammlungen wieder ins Rathaus zurückzog, wandte sich Cordelia Feuerhake noch einmal an den Stadtpräsidenten. Der Bürgerinitiative wie auch den vom Hotelbau betroffenen Anwohnern werde seit vielen Wochen die Einsicht in die von der Stadt erteilte Baugenehmigung verweigert. Offenbar wolle die Stadtverwaltung auf diese Weise erreichen, dass die Baugenehmigung nicht rechtzeitig genug beklagt werden kann, um Räumung und Rodung des Waldes zu verhindern. Der Stadtpräsident möge sich bitte dafür einsetzen, dass dem uns BürgerInnen zugesicherten Recht auf Informationszugang endlich entsprochen werde, und das hieße: Die angeforderten  Unterlagen werden umgehend übermittelt.

Stadtpräsident Hannes Fuhrig nimmt zwei Bände mit jeweils 1.000 Unterschriften entgegen
Günter Strempel erzählt, wie die 2.000 Unterschriften an der Mahnwache zustande gekommen sind.

Offener Brief an die Oberbürgermeisterin

Florian Rostenbeck wendet sich in einem ausführlichen, fünf Seiten langen Brief an die Verwaltungschefin.

Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin Simone Lange,                                                Flensburg, 09.02.2021

ich wünsche Ihnen und Ihrer Familie noch nachträglich für das neue Jahr alles Gute, viel Gesundheit und Glück und das Sie sich auch 2021 weiterhin für das Wohl der Menschen in Flensburg einsetzen können. Die Pandemie und die neue Virusmutation hat nun auch Flensburg fest im Griff und aus diesem Grund habe ich auch ihre Entscheidung begrüßt, die Umweltaktivistinnen und ~aktivisten in den Baumhäusern am Bahnhofswald nicht durch mehrere Polizeihundertschaften gewaltsam von den Bäumen holen zu lassen und somit die Aktivistinnen als auch Polizistinnen in unmittelbare Gesundheitsgefahr zu bringen. Dies war eine sehr vernünftige Entscheidung von Ihnen und über diese sind Ihnen viele Menschen in dieser Stadt sehr dankbar.

Ich bin 2019 nach Flensburg gezogen, um an der Universität Lehramt zu studieren. Meine Faszination für die Natur möchte ich später einmal an die nächste Generation weitergeben und sie für den Erhalt unserer gemeinsamen Lebensgrundlage motivieren. Letztes Jahr nach dem dritten Dürresommer in Folge ist jedoch meine Angst vor der Zukunft unserer Generation und unserer Kinder immer größer geworden. In Australien brannten die Wälder, in Sibirien taute der Permafrost und der Amazonas stand schon zum zweiten Mal großflächig in Flammen. Aber auch bei uns in Flensburg waren die Folgen des Klimawandels bereits hautnah zu spüren. Große Bäume wie Ahorn und Eichel verloren schon im Juli ihre grünen Blätter, viele Bäche sind einfach ausgetrocknet und der Pegelstand in vielen Flüssen war deutschlandweit besorgniserregend. Viele Bauern sind jetzt nicht nur durch die Tiefstpreise für ihre Lebensmittel, sondern auch noch durch die Trockenheit existenziell bedroht. Die Zahl der Hitzetoten erreichte 2020 auch durch unsere überalterte Bevölkerung ein Rekordniveau. Tiere aus wärmeren Regionen wie die Tigermücke verbreiten sich in Deutschland und stellen als Krankheitsüberträger unser Gesundheitssystem zukünftig vor neue Herausforderungen. Aber auch die Coronakrise hat uns einmal mehr gezeigt, dass Viren durch das immer weitere Vordringen des Menschen in den Lebensraum der Tiere durch Zoonosen auf den Menschen überspringen und in der Folge einen unvorstellbaren Schaden anrichten können. Schon 1972 warnte der Club of Rome vor den Grenzen des Wachstums, doch es brauchte erst die Ereignisse der vergangenen Jahre, damit verbindliche Regelungen zum Klimaschutz auf den Weg gebracht werden konnten. Neben der Klimakrise stehen wir auch vor einem gewaltigen Artensterben, welches uns ebenso existenziell bedrohen wird. Aus diesem Grund finde ich es sehr gut von Ihnen, dass Sie sich auch in der Öffentlichkeit hinter die Klimabewegung stellen und mit dem Klimapakt bereits eine Institution geschaffen haben, damit Flensburg ein Teil der Lösung dieser Herausforderungen werden kann. In Zeiten wie diesen sind eine nachhaltige Stadtentwicklung, klimafreundliche Mobilität und der Erhalt von innerstädtischen Waldflächen mit der darin enthaltenen Artenvielfalt in den Städten der Zukunft von besonderer Bedeutung.

Ich kann mir vorstellen, dass Sie gerade enorm unter Druck stehen. Auf der einen Seite stehen die Investoren, die der Stadt mit hohen Regressforderungen drohen, wenn Sie die Rodung des Bahnhofswaldes nicht noch im Februar anordnen. Auf der anderen Seite sehen Sie auch die große Zahl der Menschen, die sich in den zurückliegenden Monaten und Jahren für den Erhalt des Waldes eingesetzt haben. Schülerinnen und Schüler, Pensionäre, Studierende, Kunsthistoriker, Biologinnen und Professoren, Arbeitsuchende, Lehrkräfte, Ärzte und Psychologen, Pastoren, Informatiker, Buchhändlerinnen und Buchhändler, Familien und ihre Kinder,… . Die aktuelle Pandemielage erschwert es natürlich, dass alle diese Bürgerinnen und Bürger ihre Interessen auf die Straße bringen können. Stellvertretend für all diese Menschen harren die Baumbesetzerinnen und Baumbesetzer seit Monaten in der Kälte aus. Natürlich gehört der Wald rein rechtlich den Investoren, aber eigentlich gehört er doch zu Flensburg und somit allen Menschen, die in dieser Stadt leben.

Eine Rodung im Februar wäre auch aus Artenschutzgründen problematisch, da nicht wirklich ausgeschlossen werden kann, dass in den Habitatbäumen nicht doch Fledermäuse leben. Weiterhin
könnte eine von Ihnen angeordnete Räumung trotz aller Vorsichtsmaßnahmen zur weiteren Ausbreitung der Virusmutation und somit zu weiteren Toten in der Stadt führen.

Ich habe auch nach dem Studium der Planungsentwürfe der Investoren, der Bebauungspläne und einiger anderer Gutachten noch ein paar Gedanken, einige Fragen und ein paar Anregungen, welche ich Ihnen im Folgenden kurz zusammengefasst habe. Ich freue mich aber auch sehr, wenn Sie Zeit haben, den langen Brief darunter zu lesen.

Der Bahnhofswald:

● stellt einen wichtigen Verdunstungsschutz und Kühlfunktion für die Innenstadt dar
● ist Heimat einer großen Artenvielfalt mitten im Stadtgebiet
● bindet CO2 und steigert die Lebensqualität

Durch den Hotelneubau kann der Bahnhofswald nach dem B-Plan nicht erhalten werden

● Durch den städtebaulichen Vertrag können Hotel und Parkhaus nur zusammen gebaut werden und der Waldstatus wird verloren gehen
● Nach dem Bebauungsplan bleiben nur ca. 18 Bäume im ehemaligen Wald stehen,
die nicht die ökologische Funktion eines Waldes erfüllen können
● Die Zahl der tatsächlich gerodeten Bäume liegt allein in der Bahnhofsstraße bei über 200 und nicht nur insgesamt bei 64
● Ca. 5.400 Ersatzpflanzungen wären nötig, um allein den Wert einer 100 Jahre alten Buche auszugleichen

Es gibt auch noch zahlreiche weitere Unsicherheiten:

● Was passiert, wenn dem Widerspruch des BUND gegen die Waldumwidmung stattgegeben wird? Wird dann nur das Hotel gebaut, was gemäß städtebaulichem Vertrag nicht möglich ist?● Sollten nicht erst Hanggutachten auf den Anliegergrundstücken durchgeführt werden?
● Wie sorgt ein Parkhaus in der Stadt dafür, die Zahl der Autos in der Stadt zu reduzieren, wenn Pendlerinnen durch die Stadt zum Parkhaus fahren müssen?
● Was passiert, wenn der Wald gerodet wird, das Hotel und Parkhaus aber nicht die erhofften Funktionen hinsichtlich Auslastung und Aufwertung des Bahnhofsumfeldes erfüllen?
● Droht dem Gelände dann ein gleiches Schicksal wie der Fläche der ehemaligen Luftschlossfabrik, die auch erst geräumt wurde und seitdem nichts geschehen ist?
● Wurde schon ausreichend über alternative Baugrundstücke nachgedacht, bevor der Wald unwiederbringlich verloren geht?
● Wie wollen Sie Ihre eigene Glaubwürdigkeit bei den Bürgerinnen der Stadt Flensburg erhalten?

Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie weiterlesen.

Der Bahnhofswald mit seinen Rotbuchen und Ahornbäumen, dem Hermelin, vielen Wald- und Singvögeln, vier streng geschützten Fledermausarten und vielen anderen Tieren und Pflanzen stellt ein sehr wertvolles Refugium für Natur und Menschen gleichermaßen dar. Dieser zusammenhängende Wald leistet im ohnehin waldärmsten Bundesland Schleswig Holstein mit 11 % Waldanteil durch seinen Verdunstungsschutz einen wichtigen Beitrag für das Stadtklima und die hier lebenden Menschen. Dagegen hat das Technische Betriebszentrum nach eigenen Angaben aus Gründen der nicht mehr gewährleisteten Verkehrssicherheit im Jahr 2020 bereits 238 Bäume im Stadtgebiet fällen
müssen und diese Zahl lag aufgrund des steigenden Klimastresses, unter dem die Bäume zu leiden haben, über der Zahl der Vorjahre.

Ich finde es sehr traurig, dass von seiten der Investoren und der Stadtverwaltung der Eindruck erweckt wird, dass die Natur sogar einen Vorteil aus der Rodung ziehen wird, da für jeden gefällten Baum 4 neue Bäume gepflanzt werden. Dabei wird aber auch aus ökonomischer Sicht ein großer Fehler begangen. Im Bahnhofswald stehen unter anderem Linden, die bereits 1880 gepflanzt wurden und weitere 80-100 Jahre alte Buchen. Eine hundert Jahre alte Buche hat einen ökologischen Gesamtwert ab 135.000 Euro aufwärts. Um diesen ökonomischen und ökologischen Wert zu erreichen, müsste man eine gefällte Buche nicht mit vier Neupflanzungen, sondern mit ca. 5400 neuen Buchen ausgleichen. (1)

Es braucht Jahrzehnte, bis sich in einer Ersatzpflanzung das gleiche Ökosystem entwickeln kann, wie es in einem intakten Ökosystem vorhanden ist. Diese Zeit haben wir aber aufgrund des Artenschwundes und des Klimawandels nicht mehr. Die Ausgleichspflanzungen liegen auch nicht im unmittelbaren Stadtbereich, womit sie keine direkte Wirkung auf das Stadtklima haben. In einem intakten Wald ist es wichtig, auch geschwächte Bäume stehen zu lassen, da das Totholz ökologisch besonders wertvoll ist und durch Ersatzpflanzungen nicht ersetzt werden kann. Weiterhin werden bei den Ausgleichspflanzungen nur Bäume berücksichtigt, welche in einem Meter Höhe einen Stammumfang von mehr als 80 cm haben und somit unter die Baumschutzsatzung fallen und überhaupt als Baum gezählt werden. Geschwächte Bäume werden ebenso nicht durch Ausgleichspflanzungen kompensiert und diese stellen mitten in einem nicht genutzten Wald auch keine Gefahr dar. Aus diesen Gründen liegt die Zahl der tatsächlich gerodeten Bäume nach Zählungen von mehreren Privatpersonen und Initiativen bei über 200 allein an der Bahnhofsstraße. Diese Zahl ist natürlich nicht offiziell, aber Sie können gerne in den Bahnhofswald kommen und sich davon überzeugen.

Aus diesem Grund bin ich von der Verwaltung der Stadt Flensburg sehr enttäuscht, dass trotz dieser Tatsachen die Baugenehmigung für das Hotel und das Parkhaus erteilt wurde. Als Stadt, die sich verpflichtet hat, bis 2050 klimaneutral zu werden, hat die Verwaltung damit ihr Vertrauen bei vielen Menschen aus Flensburg fast schon verspielt.

Mir ist bewusst, dass die Entscheidung auch mit der Schaffung von neuen Arbeitsplätzen in der Stadt zusammenhängt. Aber soll nicht ein erheblicher Teil der Arbeitsplätze in dem bereits vorhandenen Postgebäude in neuen Büros entstehen? Weiterhin beruht die Aussage, dass in Flensburg ein neues Hotel gebaut werden soll, auf einem Gutachten zum Hotelbedarf aus dem Jahr 2013. Inzwischen sind aber bereits neue Hotels in der Stadt hinzugekommen, womit dieses Gutachten nicht mehr aussagekräftig ist. Kann es dann nicht sein, dass so keine neuen Arbeitsplätze durch das Hotel entstehen, sondern eher andere Hotels vom Markt verdrängt und die Arbeitsplätze nur verlagert werden? Letztlich finde ich es sowieso fraglich, ob der Standort zwischen dem Posthof, der Brauerei, dem Bahnhof und der Schleswiger Straße durch die Geruchs- und Lärmbelästigung für ein Mittelklassehotel überhaupt attraktiv ist und zukünftig entsprechend ausgelastet sein wird.

Die Planungen zur Neugestaltung des Bahnhofsumfeldes begannen bereits vor über 6 Jahren und in diesen Planungen wurde die vorhandene Waldfläche und ihre Wirkung auf das Stadtklima nicht berücksichtigt. Der Waldanteil liegt in Flensburg je nach Quelle nur bei 6-10 %, wohingegen andere Städte ihren innerstädtischen Waldanteil sogar vergrößern. Flensburg ist durch seine Lage im Trogtal der weichseleiszeitlichen Jungmoränen im Osten und den Altmoränenzügen im Westen von der Frischluftversorgung durch den vorherrschenden Westwind teilweise abgeschnitten. Daher sind Frischluftschneisen wie das Gleisbachtal, welches ja auch bald bebaut werden soll, besonders wichtig. Durch die siebengeschossige Hotelbebauung, welche die Hauptpost überragen wird, ist die Frischluftversorgung der Stadt über diese Schneise möglicherweise behindert. Diese Frischluftschneise ist aber besonders wichtig, da andere Kerbtäler wie das Osbektal und das Lautrupsbachtal diese Funktion durch bestehende Bauwerke wie die Brücken der Bismarckstraße und der Osttangente nicht mehr im vollen Umfang erfüllen können und die Kaltluftabflüsse in der Nacht teilweise behindert werden. (2)

Weiterhin frage ich mich, warum die erforderlichen Untersuchungen zur Hangstabilität auf den Grundstücken der Anlieger noch nicht vorgenommen wurden. Der Zugang zu diesen ist auch trotz der Waldbesetzung möglich. Diese Grundstücke sind am meisten von einem instabilen Hang infolge der Bauarbeiten betroffen. Auch wenn nach dem Bebauungsplan nicht alle Bäume des Bahnhofswaldes direkt gerodet werden sollen und die Investoren eine Illusion von einem Hotel im Wald auf ihrer Hochglanzbroschüre bewerben, werden die umstehenden Bäume wahrscheinlich sehr stark unter den Baumaßnahmen leiden. Da durch die Genehmigung der Forstbehörde das Hotel die 30 m Grenze zum Baumbestand unterschreiten darf, kann man davon ausgehen, dass der Wurzelstock dieser Bäume sehr stark durch die Erdarbeiten beschädigt wird und die Bäume möglicherweise absterben könnten.

Nach Ihren eigenen Aussagen in der Videobotschaft vom 18.01.2021 ist die Baugenehmigung unabhängig vom Waldstatus und die Entwidmung des Waldes stehe nicht zur Rede. Dies stimmt allerdings nur so lange, bis der Widerspruch des BUND gegen die Waldumwandlung nicht gerichtlich abgewiesen wird. Weiterhin existiert ein städtebaulicher Vertrag zwischen der Stadt und den Investoren, laut dem der Bau des Hotels an die Erbauung des Parkhauses vertraglich gekoppelt ist. Hat diese Kopplung nicht zur Folge, dass der Waldstatus eben nicht erhalten werden kann, da durch den Bau des Parkhauses die 30 m Grenze nach dem Landesforstgesetz zum jetzigen Wald unterschritten wird und somit eine Waldumwandlung notwendig ist? Die Einsicht in diesen Vertrag wird vonseiten der Stadtplanung jedoch schon seit Dezember verwehrt und auch nach einer persönlichen Anfrage im Fachbereich Stadtentwicklung und Klimaschutz wurde mir die Auskunft erteilt, dass es eine vertragliche Vereinbarung gäbe, dass das Parkhaus später gebaut werden solle. Da dieses Parkhaus formell auch im öffentlichen Interesse zur Entlastung der Parkplatzsituation im Bahnhofsumfeld gebaut wird, sollte jeder Bürger nach dem Informationszugangsgesetz Einsicht in diesen Vertrag bekommen. Nach einer persönlichen Anfrage wurde mir mit dem Verweis auf eine laufende juristische Prüfung diese Einsicht jedoch versagt. Deshalb frage ich mich, warum die Stadt diesen Vertrag nicht zugänglich machen möchte.

Es gibt also noch viele rechtliche und bauliche Unsicherheiten, die dem Bau des Hotels und des Parkhauses im Wege stehen. Bevor man jetzt voreilig durch eine Waldrodung unwiederbringliche Tatsachen schafft, die Glaubwürdigkeit verspielt und am Ende durch unvorhergesehene Komplikationen eine weitere Brachfläche ohne gesellschaftlichen Nutzen in der Stadt schafft, sollte man eher über Alternativstandorte nachdenken. Sonst haben wir am Ende vielleicht die Situation wie bei der ehemaligen Luftschlossfabrik, bei der Simon Faber versprochen hatte, es sollen auf diesem Gelände Einrichtungen für die gesamtgesellschaftliche Nutzung entstehen, aber bis heute ist auf dieser Fläche immer noch nichts passiert. Dadurch hat sich der ehemalige Oberbürgermeister nicht wirklich beliebt gemacht, was letztlich vielleicht auch zu seiner deutlichen Abwahl beigetragen hat. Da ich Sie als Mensch wirklich schätze, würde ich mir nicht wünschen, dass auch Ihnen das passiert. Weiterhin ist dieses Thema bereits auch in der überregionalen Presse präsent und wenn es nicht so traurig wäre, könnte bestimmt auch bald eine deutschlandweite Satiresendung darüber berichten.

Nach offiziellen Angaben der Stadtverwaltung werden nur 64 Bäume gefällt. Im jetzigen Gebiet mit Waldstatus bleiben jedoch nach Punkt 6.9 im Bebauungsplan durch die erforderliche Waldumwidmung allerdings nur ca. 18 Bäume stehen, das komplette Unterholz und Totholz wird entfernt und vom eigentlichen Wald bleibt nichts mehr übrig. Das Bild von einem Hotel im Wald ist also eine Irreführung und der Wald würde seine eigentliche wertvolle biologische Funktion verlieren. Im Folgenden ein Zitat aus dem Bebauungsplan:

6.9.(…) „Innerhalb der mit der Nummer M1 und M2 gekennzeichneten Flächen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft sind zur Beseitigung der Waldeigenschaften der umgewandelten Waldflächen alle nicht zum Erhalt gekennzeichneten Gehölze zu entfernen. Neu aufkommender Gehölzaufwuchs muss regelmäßig entfernt werden.“ (Stadt Flensburg Bebauungsplan „Hauptpost“ (Nr. 303))

Warum wird dann in diesem Zusammenhang vonseiten der Investoren von einer selektiven Baumentnahme und nicht von einer selektiven Baumerhaltung gesprochen und warum stellen Sie das als Chefin der Unteren Naturschutzbehörde und der Stadtverwaltung nicht richtig?

Viele Flensburgerinnen und Flensburger, viele junge Leute und auch ich hatten eigentlich große Hoffnungen in Sie, dass Sie dazu beitragen, dass die Stadt Ihre Klimaziele erreichen wird und Flensburg sich an die künftigen Herausforderungen des Klimawandels anpassen kann. Wenn Ihnen die Zukunft der Fridays-for-Future-Generation so sehr am Herzen liegt und Sie sich öffentlich mit diesen solidarisieren, dann erwartet diese Generation aber auch von Ihnen, dass Sie trotz der bereits erteilten Baugenehmigung wahre Größe beweisen und alles dafür tun, für den geplanten Hotelbau ökologisch vertretbare Alternative zu finden und den ökologisch und ökonomisch bedeutenden Bahnhofswald für jetzige und zukünftige Generationen und für eine lebenswerte Stadt zu erhalten.

Die Aufwertung des Stadtgebietes gelingt eben nicht nur mit neuen Betonbauten, sondern auch durch urbane Naturräume und ein gesundes Stadtklima. Die Funktion eines Waldes für die Menschen in der Stadt lässt sich durch kein Geld ersetzen.
Damit könnte Flensburg seiner Rolle als Klimastadt endlich ein Stück gerecht werden, Sie könnten sich einer breiten Zustimmung aus der Bevölkerung sicher sein und unsere Stadt vorbildlich in die richtige Richtung führen.

Ich glaube an Sie.
Viele Grüße und bleiben Sie gesund,
Florian Rostenbeck

1) Tiemeyer, V. & Thoren t.B., Vom Wert der Bäume, S. 31 Stiftung für Ornithologie und Naturschutz (SON)(o.J.)

2) Trüper T.& C. Gondesen, Landschaftsplan Flensburg, Teil I, Bestandsaufnahme und Bewertung, Büro TTG,(1997)

Die Investoren drohen der Stadt mit Regress

Presseerklärung – Richtigstellung

Am 6.2.21 veröffentlichte das Flensburger Tageblatt ein Interview mit den beiden Bahnhofshotel-Investoren, in dem sie von der Stadt mit unverhohlenen Drohungen fordern, noch im Februar eine Räumung des Bahnhofswaldes durchzuführen. Ab März sei der Bau des Hotels bis zum Oktober nicht möglich, das wäre das Ende der gesamten geplanten Investition. Sie drohen Regressforderungen in Millionenhöhe an.

Dieses Interview ist so voller Falschbehauptungen, dass wir uns wundern, dass die Stadt nicht längst selber eine Richtigstellung veröffentlicht hat. 

Falsch ist z. B., dass die Investoren seit Juni 2020 alle Genehmigungen beisammen hätten. Der Bauantrag wurde unseres Wissens erst im September gestellt! Im Juni wurde z. B. die Quelle noch verleugnet, die mittlerweile vom Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume (LLUR) unter gesetzlichen Biotopschutz gestellt wurde und berücksichtigt werden muss. Und selbst heute sind noch nicht alle Unterlagen beisammen: Es fehlen immer noch die geforderten hydrogeologischen Untersuchungen des Hanges auf dem Gelände der Nachbarn, die notwendig sind, um die Gefahr eines Hangrutsches einzuschätzen. Sie wurden „in der Phase des Bauantrags“ versprochen. Es fehlen die Ersatzquartiere für die geschützten Fledermäuse, ein klares und öffentlich kommuniziertes Konzept für den Schutz der Quelle, und es fehlt eine rechtssichere Baugenehmigung!

Die am 14. Januar ausgesprochene Baugenehmigung ist nicht rechtssicher, denn die Sondergenehmigung zur Unterschreitung des Waldabstands hätte von der Unteren Forstbehörde nicht ohne einen Bescheid über den Widerspruch des BUND gegen die Waldumwidmung ausgesprochen werden dürfen. Und ohne diese Sondergenehmigung kann das Hotel nicht gebaut werden.

Falsch ist, dass die Bäume erst ab 1. März nicht gefällt werden dürfen. Vielmehr ist bereits seit 1. Februar das Fällen aller Bäume mit mehr als 50 cm Stammdurchmesser verboten. Schon jetzt kann aufgrund gesetzlicher Schonfristen nicht gebaut werden. Der Druck läuft also völlig ins Leere.

Auch die Drohung mit Regressansprüchen ist völlig leer. In einer Pandemiesituation, die als „Höhere Gewalt“ offiziell anerkannt ist, und in der für Alle zahlreiche Grundrechte eingeschränkt sind, haben diese beiden Herren keinen Anspruch darauf, dass ihre finanziellen Privatinteressen absoluten Vorrang genießen würden gegenüber der Gefahr, durch einen unsinnigen Räumungseinsatz für die ganze Stadt einen Superspreading-Event mit der hochansteckenden britischen Variante zu veranstalten, dadurch viele Menschen schwer erkranken und evtl. sogar sterben zu lassen, die ganze Wirtschaft unnötig lange lahmzulegen und möglicherweise die gesamte Polizeiarbeit für Wochen in Quarantäne stillzulegen! 

Glücklicherweise können in Deutschland selbst Investoren einer Stadt nicht diktieren, was zu tun ist, und Ultimaten setzen. Sie können nicht die Klärung der Rechtsfragen überspringen. Wenn die in China beheimateten Besitzer:innen der Deutschen Hospitality, die heute die Marke Steigenberger betreibt, darüber „fassungslos“ sind, müssen sie wohl begreifen, dass anders als in China die Bürger, die Städte und die Natur hier Rechte haben. Und glücklicherweise fühlen sich die Verantwortlichen dieser Stadt auch noch anderen Werten verpflichtet als nur den finanziellen Vorteilen zweier Investoren. Nicht genug, aber immerhin.

Aber vielleicht geht es den Herren Investoren ja in Wirklichkeit nur darum, bei einer bevorstehenden Aufgabe der Pläne den Schwarzen Peter der Stadt zuzuschieben und noch etwas dabei rauszuholen?

Günter Strempel – Christiane Schmitz-Strempel – Sprecher*in der Bürgerinitiative Bahnhofsviertel Flensburg 

Gezielte Desinformation? – Mit falschen Planzeichnungen für das Hotel

Ein Fiasko für die Flensburger Grünen

Die Kreisvorsitzende der Grünen untermauert in einem Beitrag auf Facebook am 10. Januar 2021 ihre Argumentation für das Hotel mit dem Hinweis auf die im Bild gezeigte Planskizze. Diese vermittelt den Eindruck, als würde das geplante Hotel im wesentlichen auf schon versiegelter Fläche errichtet – auf dem Parkplatz der Post.

Tatsächlich handelt es sich bei dieser Darstellung um eine recht plumpe und irreführende Verfälschung. Die Auskunft der Flensburger Verwaltung hierzu lässt an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig: “Uns ist eine solche Planung nicht bekannt.” (Fachbereich Stadtentwicklung und Umweltschutz am 28.01.2021)

Dreist ist sicher der Versuch, mit dieser Falschdarstellung die tatsächliche Dimension des Hotelneubaus zu verschleiern und so auch die mit ihm einhergehende Zerstörung des Bahnhofswaldes. Wirklich brisant aber ist die Tatsache, dass die Grünen ihre Entscheidung für das Hotel (sie stimmten in der Ratsversammlung am 25.06.20 mehrheitlich für die Bauplanung) mit dieser Fälschung untermauern. Ein Ratsmitglied der Grünen hat uns gegenüber das Argument, es werde fast gar keine Fläche neu versiegelt mehrfach wiederholt, und nun schreibt die zweite Kreisvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen ebenfalls am 10.01.21 auf Facebook:

“Insofern war es keine schwarzweiß Entscheidung und die Tatsache, dass ein Großteil des zu bebauenden Geländes eben bereits versiegelt ist (nein, nicht die Fläche im Wald, ist auch klar), spielte bei der Entscheidung meines Wissens eine wichtige Rolle.”

Noch am selben Tag präsentiert die Kreisvorsitzende zum Beweis dieser Behauptung die besagte Planfälschung. Richtigzustellen ist aber: Die offiziellen Planzeichnugen belegen – völlig anders als hier dargestellt – dass dem Hotel alle Bäume entlang der Straße zum Opfer fallen und der Hotelkörper fast bist zur Grundstücksgrenze nach Süden reichen soll. Da wird es keine gerodete Grünfläche mehr geben. Tatsächlich wird nach den offiziellen Angaben die Hälfte der künftig versiegelten Fläche neu versiegelt sein (2.464 m² von 4.635 m²).

Welche Schlüsse ziehen wir daraus?
Vor allem aber: Welche Schlüsse zieht die Ratsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen?

Haben die Flensburger Grünen ihre Entscheidung pro Hotel- und Parkhausbau auf der Basis solcher Falschinformationen getroffen, dann sollten sie heute konsequent sein, ihrer Verantwortung für Klima- und Artenschutz gerecht werden und offen zugeben, dass ihre Entscheidung pro Hotelbau falsch war.

Offizielle Planskizze (Baumkataster zum B-Plan Nr. 303 „Hauptpost“) der Stadt Flensburg für das Hotelprojekt am Bahnhofswald: Rot eingefärbt die Baukörper für das geplante Hotel und das Parkhaus, rosa die voll- und teilversiegelten Freiflächen, grau die bestehenden Gebäude. Gestrichelte Linie im Plangebiet: Grenze der im Bestand bereits vollversiegelten Fläche. Mit x sind die von der Fällung bedrohten Bäume gekennzeichnet. Allerdings sind die ebenfalls bedrohten „untermaßigen“ Bäume hierbei nicht berücksichtigt. –  Für eine größere Darstellung auf die Zeichnung klicken

Mal sehen, ob der Rechtsstaat auch unsere Interessen schützt

Ein Leserbrief von Dr. med. Helmreich Eberlein

Von heute 1.2.2021 an bis zum 1.12. kann das Bahnhofshotel nicht gebaut werden – wenn denn die Oberbürgermeisterin sich an ihre eigenen Worte hält. Auf der Ratsversammlung im Januar hat sie den Baumbesetzer versichert, dass der Rechtsstaat auch ihre Interessen schütze. Das betrifft in erster Linie das Interesse an der Erhaltung unserer Lebensgrundlagen, hier am Schutz der dort lebenden bedrohten Arten und des bedrohten Waldes. Im B-Plan ist festgelegt, dass ab dem 1.2. die großen Bäume, die Fledermaus-Habitat sein könnten, nicht gefällt werden dürfen. Das ist geltendes Recht, und ist begründet mit §44 BNSchG, in dem das Töten geschützter Tiere strikt verboten wird. Das Fällen von Bäumen, auf denen Fledermäuse sein könnten, ist also verboten. Für das Verbot genügt die Möglichkeit, dass da Fledermäuse sein könnten; es ist nämlich praktisch unmöglich, sicher auszuschließen, dass da welche sind. Die Methoden, mit denen das versucht wird, erweisen sich nach Auskunft von Fledermaus-Experten immer wieder als ganz unzuverlässig, regelmäßig werden Exemplare übersehen.

Wenn aber im Bereich des geplanten Hotels einige große Bäume bis zum 1.12. nicht mehr gefällt werden dürfen, macht auch eine Rodung der kleinen Bäume keinen Sinn, denn gebaut werden kann sowieso nicht. Mehr noch: das würde den geschützten Tieren ihre Nahrungs-Grundlage und ihr Habitat wegnehmen.

Nun muss Frau Lange zeigen, dass sie es ernst gemeint hat mit ihrer Zusage. Es gibt Gerüchte, nach denen eine Ausnahme-Genehmigung für die Fällung auf Grund einer solchen unzuverlässigen Untersuchung der Bäume geplant sei. Wenn der Schutz des Rechtsstaates für alle gelten soll, darf eine solche Ausnahme-Genehmigung nicht erteilt werden! Sonst hieße das, dass der Rechtsstaat nur die finanziellen Interessen der Investoren schützt, nicht aber die Lebensgrundlagen – unser aller oberstes Interesse. Artenschutz ist ebenso wichtig und dringend wie Klimaschutz! Wir leben wie auf einem Kartenhaus, das zusammenfällt, wenn immer mehr Arten aussterben. Flensburg muss sich entscheiden, ob es Teil des Problems sein will, oder Teil der Lösung.