Mal sehen, ob der Rechtsstaat auch unsere Interessen schützt

Ein Leserbrief von Dr. med. Helmreich Eberlein

Von heute 1.2.2021 an bis zum 1.12. kann das Bahnhofshotel nicht gebaut werden – wenn denn die Oberbürgermeisterin sich an ihre eigenen Worte hält. Auf der Ratsversammlung im Januar hat sie den Baumbesetzer versichert, dass der Rechtsstaat auch ihre Interessen schütze. Das betrifft in erster Linie das Interesse an der Erhaltung unserer Lebensgrundlagen, hier am Schutz der dort lebenden bedrohten Arten und des bedrohten Waldes. Im B-Plan ist festgelegt, dass ab dem 1.2. die großen Bäume, die Fledermaus-Habitat sein könnten, nicht gefällt werden dürfen. Das ist geltendes Recht, und ist begründet mit §44 BNSchG, in dem das Töten geschützter Tiere strikt verboten wird. Das Fällen von Bäumen, auf denen Fledermäuse sein könnten, ist also verboten. Für das Verbot genügt die Möglichkeit, dass da Fledermäuse sein könnten; es ist nämlich praktisch unmöglich, sicher auszuschließen, dass da welche sind. Die Methoden, mit denen das versucht wird, erweisen sich nach Auskunft von Fledermaus-Experten immer wieder als ganz unzuverlässig, regelmäßig werden Exemplare übersehen.

Wenn aber im Bereich des geplanten Hotels einige große Bäume bis zum 1.12. nicht mehr gefällt werden dürfen, macht auch eine Rodung der kleinen Bäume keinen Sinn, denn gebaut werden kann sowieso nicht. Mehr noch: das würde den geschützten Tieren ihre Nahrungs-Grundlage und ihr Habitat wegnehmen.

Nun muss Frau Lange zeigen, dass sie es ernst gemeint hat mit ihrer Zusage. Es gibt Gerüchte, nach denen eine Ausnahme-Genehmigung für die Fällung auf Grund einer solchen unzuverlässigen Untersuchung der Bäume geplant sei. Wenn der Schutz des Rechtsstaates für alle gelten soll, darf eine solche Ausnahme-Genehmigung nicht erteilt werden! Sonst hieße das, dass der Rechtsstaat nur die finanziellen Interessen der Investoren schützt, nicht aber die Lebensgrundlagen – unser aller oberstes Interesse. Artenschutz ist ebenso wichtig und dringend wie Klimaschutz! Wir leben wie auf einem Kartenhaus, das zusammenfällt, wenn immer mehr Arten aussterben. Flensburg muss sich entscheiden, ob es Teil des Problems sein will, oder Teil der Lösung.

Vision statt Baukasten

Pro Erhalt Bahnhofswald

Leserbrief von Frauke Himmerkus, Flensburg

Stellen wir uns vor, wir hätten Zeit! Zeit zurückzuschauen zur Ursprungsidee: Neugestaltung des Postgebäudes am Bahnhof. Bürger, Planungsausschuss und Stadtrat würden gemeinsam neu denken. An erster Stelle stünde der Erhalt des Schutzstatus für unseren Bahnhofswald mit seinem einzigartigem Ökosystem.
Stellt euch vor, unsere vier artengeschützten Fledermausarten dürften hier weiterhin ungestört ihren Nachwuchs großziehen. Stellen wir uns vor, wir hätten Zeit und könnten abwarten, bis der Mietvertrag mit der Hauptpost abgelaufen ist. Die Post würde auf dem Nordmarksportplatz ihre neue Heimat finden und das alte Gebäude würde verwandelt: im Hundertwasserstil. Hundertwasser ein Künstler und Architekt dessen Ideen im Einvernehmen mit der natürlichen Umgebung des Menschen stehen. Im Jahre 2000 gestorben … lebendig in seiner ausdrucksstarken Hinterlassenschaft. In der Debatte um klimagerechtes Bauen und im stetigen Kampf mit „Der Tyrannei der Architektur“ so aktuell wie nie! Farb- und Formenvielfalt stehen im Vordergrund, kein grauer Beton, Stahl oder Glas.
Stellen wir uns also vor, wir hätten ein Hotel am Bahnhof (ähnlich der Darmstädter Waldspirale), in einem fliesendem Verlauf angelegt, auf versiegelter Fläche, mit einem Parkhaus auf unterster Ebene, mit über die Geschosse verlaufendem begrüntem Dach und Zwiebeltürmen. Dies stände im Einklang mit unserem Wald und den dort stehenden 140 Jahre alten Flensburgern.
Stellt euch vor, man könnte die Grünen wieder wählen, weil wir wüssten sie blieben ihren Grundsätzen treu … und GRÜN.
Stellen wir uns vor, wir hätten es nicht mit dem vielfach heraufbeschworenen „Angstraum“ am Bahnhof zu tun, sondern mit einem Grundstück, welches von seinen Eigentümern (Investoren) liebevoll gepflegt würde – ohne Müllablagerungen – mit parkähnlicher Anlage, Blumen und blühenden Sträuchern.

Man stelle sich vor, liebe Investoren, nachdem nun 25 Jahre dieses Grundstück in Ihrem Besitz ist – Sie könnten noch warte, bis die Jahre des Mietvertrages mit der Post abgelaufen sind. Und dann könnten Sie mit den Flensburger Bürgern gemeinsam NEU denken. Sie könnten den Flensburgern ihren Wald und die damit verbundene Frischluftschneise erhalten, uns die Systemkastenbauweise eines überdimensionierten InterCityhotels samt Parkhaus ersparen und die Zerstörung des Ökosystems Bahnhofswald verhindern.

Stellen Sie sich vor, SIE hätten diese Vision!
Mit freundlichem Gruß Frauke Himmerkus